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Krankheitswert von Hautfalten nach Gewichtsabnahme

Hessische Landessozialgericht, Urteil vom 02.05.2024 - L 1 KR 247/22

Reduziert ein Versicherter (nach einer Adipositas-OP) erheblich sein Gewicht, kann er gegenüber der gesetzlichen KV einen Anspruch auf hautstraffende Operationen haben; dies aber nur dann, wenn dauerhafte Hautreizungserscheinungen oder eine schwerwiegende Entstellung vorliegt.

Eine 47-jährige Frau, die stark übergewichtig war, unterzog sich im Ausland einer Schlauchmagenoperation. Nach der Operation verringerte sie ihr Gewicht von 118 kg auf 75 kg (-43kg) bei einer Körpergröße von 1,58 m. Aufgrund der dadurch entstandenen Hautfalten und überschüssiger Haut an Oberschenkeln, Oberarmen, Brust und Bauch beantragte sie die Kostenübernahme für Hautstraffungsoperationen bei ihrer gesetzlichen Krankenkasse.

 

Diese lehnte den Antrag jedoch ab. Die Begründung lautete, dass die Straffungsoperationen keine notwendige Krankenbehandlung darstellen würden. Weder sei eine Hauterkrankung nachgewiesen, noch liege ein entstellender Zustand vor.

 

Gem § 27 I SGB V haben Versicherte einen Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. 

 

Die Richter beider Instanzen bestätigten jedoch die Entscheidung der Krankenkasse. Sie entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Kostenübernahme für die Hautstraffungsoperationen habe. Nach ihrer Auffassung hätten die Hautfalten nur dann einen krankheitswertigen Zustand im Sinne der Krankenversicherung, wenn dauerhaft therapieresistente Hautreizungen wie Pilzbefall oder entzündliche Veränderungen vorhanden wären.

 

Bei der Klägerin lagen jedoch keine solchen Hautveränderungen vor. Auch sei keine schwerwiegende Entstellung gegeben, die eine Leistungspflicht der Krankenkasse begründen könnte. Zudem seien die Straffungsoperationen nicht Teil einer einheitlichen Behandlung der Adipositas, die von der Krankenkasse zu übernehmen wäre.

 

Die Revision wurde nicht zugelassen. Bei Nichtzulassung der Revision ist die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht möglich.

 

BSG, Urteil vom 9. Juni 1998 – B 1 KR 18/96 R: Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne ist ein regelwidriger, vom Leitbild eines gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder Arbeitsunfähigkeit bedingt. Es muss aber eine erhebliche Abweichung vorliegen. Geringfügige Störungen, die keine wesentliche funktionelle Beeinträchtigung zur Folge haben, reichen zur Annahme eines regelwidrigen Körper- oder Geisteszustandes nicht aus. 

 

Vgl. BSG, Urteil vom 28. 2. 2008 - B 1 KR 19/07 R: Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu.

KANZLEI WERNER • Ihr Partner für Medizinrecht / Arzthaftungsrecht, Personenschadensrecht & Versicherungsrecht

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